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Neue Veranstaltungsreihe »Baukultur vor Ort« in der Kulturweberei: Podiumsdiskussion zum Brandenburgischen Baukulturpreis 2023 mit Minister Rainer Genilke

Autor/in: do

Am 8. Mai 2024 luden die Brandenburgische Architektenkammer und die Brandenburgische Ingenieurkammer, gefördert vom Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung, zum ersten Gespräch der neuen Veranstaltungsreihe „Baukultur vor Ort“ in die Finsterwalder Kulturweberei ein. Konkret heißt das, Objekte von hoher baukultureller Qualität werden öffentlich präsentiert und diskutiert.

Anlass hierfür war die Auszeichnung der Kulturweberei mit dem Brandenburgischen Baukulturpreis 2023. Insgesamt 49 Projekte aus ganz Brandenburg wurden bei der Brandenburgischen Architektenkammer und der Brandenburgischen Ingenieurkammer eingereicht. Nach der Bereisung ausgewählter Objekte durch die Jury waren sich schließlich alle einig: Der Um- und Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Schaefer’schen Tuchfabrik im Zentrum von Finsterwalde ist ein ganz besonders gelungenes Beispiel. In der Erläuterung hieß es: „Das Ensemble aus modernisiertem Bestand und anspruchsvollem Neubau überzeugte durch seinen Entstehungsprozess: der Idee einen alten Industriebetrieb zum kulturellen Herz Finsterwaldes umzugestalten und durch den räumlichen und technischen Entwurf sowie seine Ausführung in hoher architektonischer und akustischer Qualität.“

Im Rahmen der Preisverleihung am 17. November 2023 in Potsdam ist schließlich die Idee entstanden, die bereits im Landtag ausgestellte Dokumentation zum Baukulturpreis 2023 auch direkt vor Ort beim Preisträger zu präsentieren – und dies mit einer Gesprächsrunde zu kombinieren. Was also vor einem knappen halben Jahr als Idee aufkam, wurde schließlich am 8. Mai 2024 in Finsterwalde in die Tat umgesetzt.

Nach einer spannenden Führung durch die Kulturweberei, aufgrund des großen Interesses aufgeteilt auf zwei Gruppen und geleitet von den beiden Architekten Jürgen und Clemens Habermann, begann die vom Kunsthistoriker und Journalisten Dr. Jürgen Tietz moderierte Podiumsdiskussion mit dem Finsterwalder Bürgermeister Jörg Gampe, dem Minister für Infrastruktur und Landesplanung Rainer Genilke, der Vizepräsidentin der Brandenburgischen Architektenkammer Antje Hendriks, Dr. Wera Groß vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege sowie den beiden Architekten Clemens und Jürgen Habermann.

Im Rahmen seiner Begrüßungsworte zu dieser besonderen Veranstaltung griff Bürgermeister Jörg Gampe gleich zu Beginn noch einmal die in das Jury-Urteil eingeflossene geschichtsträchtige Bedeutung dieses Geländes auf und schilderte sehr passend, dass an dem Ort, an dem früher intensiv gearbeitet wurde, heute sozusagen „Kultur gewebt werde“. Diese besonders herausragende Vereinigung von Tradition und Moderne, von Altem und Neuem wurde immer wieder Thema im Rahmen der Podiumsrunde – ein Kontrast, der sich jedoch erst im Laufe des Projekt-Prozesses entwickelt habe, so der Architekt Clemens Habermann. Auch Dr. Wera Groß vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege machte darauf aufmerksam, dass es bei diesem Projekt sehr gut gelungen sei, „Bestehendes mit Neuem zu kombinieren“.

Ausschlaggebender Ausgangspunkt für die Umsetzung des Projektes „Kulturweberei“ war die Teilnahme der Stadt Finsterwalde am Stadtumlandwettbewerb zur Einwerbung europäischer Fördermittel, aus welchem sie 2015 in Kooperation mit 34 kommunalen und privaten Partnern aus dem Landkreis Elbe-Elster als Sieger hervorging. „Dieser Erfolg eröffnete den Weg zu den Mitteln für die Unterstützung des Bauvorhabens“, so Minister Rainer Genilke. Somit konnte das Projekt finanziert werden, darunter 9,2 Millionen Euro von der Europäischen Union (EFRE) zuzüglich Förderungen vom Bund und vom Land sowie Eigenmitteln der Stadt. Nach einem längeren Prozess, in welchen insbesondere auch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Finsterwalde einbezogen wurden, folgte schließlich das Richtfest am 18. Juni 2021 sowie die offizielle Eröffnung am 21. April 2023. Im Verlauf der Gesprächsrunde machte Minister Rainer Genilke noch einmal darauf aufmerksam, dass Finsterwalde mit seinem kulturellen Angebot ein Leuchtturm der Region sei – was aktuell auch durch die Auszeichnung mit dem immateriellen Kulturerbe bezeugt wurde. „Diese Tradition findet in der Kulturweberei hervorragende Bedingungen“, so der Minister.

Antje Hendriks, Vizepräsidentin der Brandenburgischen Architektenkammer, ging unter anderem auf den grundlegenden Hintergrund des Baukulturpreises ein: „Diese Auszeichnung würdigt beispielhafte Projekte – also Leistungen und Werke aus der Architektenschaft, aus der Ingenieurschaft, von den Landschaftsarchitekten, aus der Stadtentwicklung, von Innenarchitekten und vielen weiteren Berufsgruppen, die unter den Dächern der Architektenkammer und der Ingenieurkammer vereint sind.“ Weiterhin machte sie noch einmal deutlich, dass Baukultur von allen Akteuren lebe, die daran beteiligt seien – von den beteiligten Berufsgruppen, den Kommunen, den Vereinen und Initiativen, dem Zusammenwirken der Politik, den Fördergebern, Finanzierern und allen weiteren Unterstützern. „Dieses Zusammenwirken ist ein Teil der Baukultur,“ erläutert Antje Hendriks. „Es gibt wenige Beispiele, die so allumfassend sind wie dieses hier in Finsterwalde.“

Auf die herausragende Akustik der Kulturweberei, welche einen wichtigen Teil zur Auszeichnung mit dem Baukulturpreis beigetragen hat, machte zum Abschluss der Podiumsrunde der Architekt Jürgen Habermann noch einmal ganz praktisch anhand der Verlängerung der Nachhallzeit deutlich. Hierfür klatschte er einmal bei „normaler“ Akustik-Einstellung in die Hände - und einmal bei Einstellung des Kirchenmodus. Die Folge: Ein beeindrucktes „Oooooooooh“ aller Anwesenden durchströmte den Saal der Kulturweberei. „Hier wurde technisch etwas geschaffen, was Maßstäbe gesetzt hat“, so Minister Rainer Genilke.